Nationales Kulturgut erhalten und bewahren

Die Restaurierung der Pflug-Bibliothek in der Zeitzer Stiftsbibliothek wurde fortgesetzt

Die Stiftsbibliothek in Zeitz ist einer der bedeutenden Bewahrer kulturellen Schriftguts in Deutschland. Sie gehört nach Kulturgutschutzgesetz zum nationalen Kulturgut. Die Sammlung vereint Sachzeugen der mitteleuropäischen Schrift- und Buchproduktion des 5. bis 19. Jahrhunderts.

Um diese bedeutende Sammlung zu erschließen und für die Nachwelt zu erhalten, waren und sind weiterhin dringend Konservierungsarbeiten notwendig. Mit den Fördermitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) konnte dieses umfangreiche Projekt bereits 2019 beginnen. Die wichtigsten bestandserhaltenden Maßnahmen konnten bis Ende 2020 abgeschlossen werden.

Kein Buch war mehr akut gefährdet, trotzdem bestand weiter dringender Handlungsbedarf, um die restlichen defekten Bände zu restaurieren. Dafür konnten erneut Fördermittelgeber gefunden werden: Die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) und das Land Sachsen-Anhalt und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

In diesem Projekt wurden weitere Objekte des Pflug-Bestandes mit unterschiedlichen Schäden bearbeitet. Geplant war die Konservierung von 46 Büchern, aber auch von 36 stark beschädigten Handschriften des Pflug-Bestandes. Die Objekte wurden dafür in die Restaurierungswerkstätten geliefert, und wurden in den in Ausschreibungen gewonnenen Werkstätten bearbeitet.

„Die wissenschaftliche Schaubibliothek in Zeitz ist ein Angebot an die Öffentlichkeit, eine authentische Bibliothek der Reformationszeit zu erleben. Die Konservierung ist Voraussetzung für den dauerhaften Erhalt dieses kulturhistorischen einmaligen Bestandes, umso mehr freue ich mich, dass wir mit der Restaurierung fortfahren konnten und ich bin dem Land Sachsen-Anhalt, der BKM und der KEK sehr dankbar für die Zusage der Fördermittel“, sagt Dr. Holger Kunde, der Stiftsdirektor der Vereinigten Domstifter.

Hintergrundinformationen

Sie ist weltweit einzigartig, bedeutend und wertvoll: Die Privatbibliothek des letzten, 1564 verstorbenen Naumburger Bischofs Julius Pflug. Die ursprünglich rund 1.000 Bände bzw. fast 2.000 Drucke umfassende Büchersammlung, die Julius Pflug als Teil seiner beweglichen Habe in Zeitz hinterließ, geht auf ihn selbst zurück. Sie ist das Ergebnis gezielter Sammeltätigkeit, die sich über nahezu fünf Jahrzehnte erstreckte.

Der Gesamtumfang der Privatbibliothek Pflugs beträgt 885 Bände. Im Sommer 2018 wurden 135 Bände als intakt, aber 750 Bände als mehr oder weniger beschädigt sowie bis stark defekt eingestuft. Diese defekten Bände wurden in fünf Schadenskategorien eingeteilt: von 0 – unbeschädigt – bis 4 – mit den größten Defekten bis hin zur völligen Unbrauchbarkeit (Verblockung). Daraus ergab sich folgende Aufstellung:

Kategorie 0 (unbeschädigt):             134 Objekte
Kategorie 1 (beschädigt):                  411 Objekte
Kategorie 2 (mäßig beschädigt):       242 Objekte
Kategorie 3 (stark beschädigt):           66 Objekte
Kategorie 4 (schwer defekt):               32 Objekte

Ab Oktober 2019 wurden die Restaurierungsarbeiten vergeben. Insgesamt zwölf Restaurator:innen aus ganz Deutschland setzten sie bis Dezember 2020 um. Darüber hinaus wurden sechs Handschriften restauriert und 130 Bücher konservatorisch behandelt. In Kategorie 1 wurden 10 Prozent, in Kategorie 2 38 Prozent und in Kategorie 3 79 Prozent restauriert. In Kategorie 4 wurden außer einem alle Bände restauriert.

Nach Abschluss dieser Restaurierungskampagne 2019 hat sich der Zustand der Privatbibliothek Pflug sichtbar verbessert. Für kein Buch besteht mehr unmittelbare Gefahr; die schwersten mechanischen, stofflichen und buchtechnischen Schäden des Bestandes sind behoben. Es sind jetzt 35 Prozent intakte, 13 Prozent konservatorisch behandelte und 52 Prozent defekte Bücher in der Bibliothek.

Bischof Julius Pflug – Der letzte katholische Bischof des Bistums Naumburg 

Julius Pflug entstammte einer weitverzweigten und einflussreichen sächsischen Adelsfamilie. Geboren wurde er 1499 in der Nähe von Leipzig. Bereits früh stand fest, dass er Jurist werden und eine geistliche Laufbahn einschlagen sollte. Seine akademische Karriere begann 1510 mit seiner Immatrikulation in Leipzig. Von hier wechselte Pflug 1517 nach Italien, wo er sich bis 1529 wiederholt für längere Zeit aufhielt und eine umfassende humanistische Bildung erlangte. Nach Einschätzung des Erasmus von Rotterdam gehörte er zu den besten Latinisten seiner Zeit. 1522 erreichte ihn ein Ruf als Rat des Albertiners Herzog Georg des Bärtigen. Am Leipziger Oberhofgericht wirkte er von 1522 bis 1524. Parallel dazu trat er in ertragreiche geistliche Pfründen in Zeitz, Merseburg und Meißen ein, denen weitere Kanonikate in Naumburg, Magdeburg und Mainz folgten. Zum Zeitzer Propst stieg er 1531 auf, zum Domdekan in Meißen 1537. Doch scheiterte zunächst der Versuch Georgs des Bärtigen, Pflug 1535 zum Merseburger Bischof zu machen. 

Anfang 1541 wählte das Naumburger Domkapitel Julius Pflug einstimmig zum neuen Bischof. Die Wahl nahm Pflug, der sich wegen der unsicheren politischen und kirchlichen Verhältnisse zunächst Bedenkzeit erbat, schließlich Anfang 1542 an. Doch dauerte es noch mehrere Jahre, bis er sich gegen seinen Gegenspieler, den auf Betreiben des sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich von Martin Luther Ende 1541 zum evangelischen Bischof geweihten Theologen Nikolaus von Amsdorf durchsetzen konnte. Erst im Zuge des Schmalkaldischen Krieges gelang es ihm, sein Bistum in Besitz zu nehmen. Dem Naumburger Bistum stand Pflug, der in kirchen- und reichspolitischen Fragen eine zentrale Rolle spielte, bis 1564 vor. Dazu gehörte auch seine reiche literarische Tätigkeit. Innerhalb des Bistums galten seine Hauptanstrengungen neben dem Versuch, den Einfluss des Protestantismus zurückzudrängen, der Reform des Klerus sowie der Reorganisation der kirchlichen und weltlichen Verwaltung des Hochstifts.  

Trotz der für Pflug ungünstigen politischen bzw. kirchenpolitischen Kräfte-verhältnisse im Bistum bzw. im mitteldeutschen Raum setzte sich der Naumburger Bischof mit seiner ganzen Kraft für die Einheit der Kirche ein. Mit allen wichtigen Persönlichkeiten seiner Zeit war er dazu im Dialog. Als letzter Naumburger Bischof verstarb Julius Pflug 1564 in Zeitz. 

Aufgrund seines vermittelnden und stets am Gedanken der christlichen Einheit orientierten Wirkens kann Pflug als einer der wichtigsten Vordenker der Ökumene gelten.

Seine Büchersammlung 

Das bleibende, bis heute als Teil der Stiftsbibliothek in Zeitz bewahrte Vermächtnis von Julius Pflug ist seine einzigartige Bibliothek. Sie gehört europaweit zu den wenigen, nahezu vollständig erhaltenen Privatbibliotheken des Reformations-zeitalters. 

Bestandteil der Bibliothek Pflugs ist eine der größten zeitgenössisch zu-sammengetragenen Sammlungen an Drucken der Werke Martin Luthers. 

Die gewaltige, ursprünglich rund 1.000 Bände bzw. fast 2.000 Drucke umfassende Büchersammlung, die Julius Pflug neben seinem umfangreichen schriftlichen Nachlass als Teil seiner beweglichen Habe 1564 in Zeitz hinterließ, geht auf ihn selbst zurück. Sie ist das Ergebnis gezielter Sammeltätigkeit, die sich über nahezu fünf Jahrzehnte erstreckte. Die Bibliothek, von der sich bis heute knapp 900 Bände mit circa 1.700 Drucken in Zeitz erhalten haben, ist eine für die Zeit hochmoderne, alle Wissensbereiche abdeckende Sammlung. Zusammengetragen von einer der zentralen Persönlichkeiten des Reformationszeitalters, widerspiegelt ihr Profil auf nahezu einzigartige Art und Weise einmal mehr die über den mitteldeutschen Raum an epochalen Umbrüchen, Verwerfungen und Kontroversen reiche politische und kirchenpolitische Entwicklung in den beiden ersten Dritteln des 16. Jahrhunderts. 

Seine Bibliothek übereignete Pflug 1563 testamentarisch seinen Nachfolgern auf dem Naumburger Bischofsstuhl. Dabei legte er fest, dass der Bestand in Zeitz, der Residenz der Naumburger Bischöfe, aufzustellen sei. In das Erbe traten zunächst die sächsischen Kurfürsten in ihrer Funktion als Administratoren der ehemaligen Naumburger Diözese.  

Auf Bitte des Naumburger Domkapitels fiel die Büchersammlung als Grundstock der modernen Stiftsbibliothek zusammen mit dem literarischen Nachlass kurz nach 1590 an das Naumburger Domkapitel, in dessen Besitz die Sammlung sich bis heute befindet. 

Heute bildet Pflugs einzigartige Bibliothek neben der Domherrenbibliothek und der Büchersammlung der Naumburger Bischöfe das Herzstück der Zeitzer Stiftsbibliothek im Torhaus der Moritzburg.

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